Gersthofen, 03. September 2020. Auf dem langen Weg zur ersten Siliziumcarbid-Faser Produktion in Europa ist ein weiterer Meilenstein erreicht worden. In Rekordzeit konnte die Spinnanlage angefahren und die ersten Grünfasern reproduzierbar hergestellt werden. Die Spinnanlage wurde spezifisch für die von BJS patentierten Rohstoffe entwickelt und gebaut.

Dr. Werner Humbs, Geschäftsführer, gratulierte dem Team begeistert: “Einen so komplexen Produktionsprozessschritt wie das Spinnen vom Labor- in den  industriellen Maßstab in so kurzer Zeit zu übertragen, ist eine Glanzleistung!“

Keramische Siliciumcarbidfasern werden in 5 Schritten hergestellt. Der erste Schritt ist die Herstellung des Polymers aus unter-schiedlichen Silanen. Dieser Schritt wird von Chemie-Firmen durchgeführt. Der zweite Schritt besteht aus dem Spinnen, wobei das Polymer über eine Art Duschkopf ganz oben in einem Spinnturm in einzelne Fasern gezogen wird. Auf dem Weg nach unten werden die Fasern getrocknet, damit sie weiterverarbeitet werden können. Der dritte Schritt ist dann eine Wärmebehandlung, die sogenannte Pyrolyse. Im vierten Schritt werden die Fasern einer weiteren Wärmebehandlung unterzogen, der Sinterung. Jetzt erhält man hauchdünne Keramikfasern, die ein Vielfaches dünner sind als ein menschliches Haar – und doch so viel belastbarer. Diese Fasern wiegen fast nichts, halten Temperaturen von bis zu 1500 °C aus ohne ihre mechanische Stärke zu verlieren, verändern sich nicht bei Thermoschocks, sind extrem mechanisch belastbar und chemisch beständig. Im fünften und letzten Schritt werden die Fasern auf spezielle Rollen gewickelt und ggf. mit Schlichte versehen. Die Schlichte hilft bei der Weiterverarbeitung der Fasern – z.B. beim Weben.

Die Fasern werden üblicherweise entweder zu Geweben oder Gelegen weiterverarbeitet und dann mit einem Matrixmaterial (z.B. Siliciumcarbid, Harze/Kunststoffe, Metalle) infiltriert. Der so entstandene Keramik-Faser-verstärkte Verbundwerkstoff ist wesentlich stabiler als ohne Faserverstärkung.

Siliciumcarbid-Faser-verstärkte Siliziumcarbid-Verbundwerkstoffe sind unabdingbar für Flugzeugturbinen, damit diese bei höheren Betriebstemperaturen die Brennstoffe effizienter verbrennen können. Dadurch emittieren die Turbinen wesentlich weniger CO2 und Geräusche, da sie weniger Kühlung benötigen als herkömmliche Metall-Turbinen. Diese neuartigen Turbinen werden schrittweise eingeführt, um die gesetzlich verankerten, äußerst anspruchsvollen CO2- und Geräusch-Senkungsziele in der Luftfahrt erreichen zu können.